Ich saß neulich in einem Meeting. Ich war Gast, zur Abwechslung habe ich es nicht moderiert. Es ging um Innovation und darum, wie neue Ideen aus dem Inneren des Unternehmens heraus seinen Weg in die Produktentwicklung finden. An einer Stelle ging es darum, dass jeder eingeladen sei, seine Ideen, seinen kreativen Input einzubringen und seine Ideen im Unternehmen zu äußern. Plötzlich hob ein Teilnehmer die Hand und sagte: “Alles schön und gut – aber darf ich das überhaupt? Darf ich meine Ideen wirklich äußern?”
Für einen Moment hing mir dieser Satz nach. “Darf ich das?” Da steckt ja drin, dass es jemanden gibt, der zumindest bisher sagte, dass ich etwas nicht darf. Mir also nicht die Erlaubnis erteilt hat, es also somit verboten hat. Das finde ich spannend. Was für eine Aussage über Kultur.
Ich habe darüber viel nachgedacht und festgestellt: Sätze wie dieser deuten auf eines der größten Hemmnisse für Veränderung: Die scheinbar fehlende Erlaubnis dazu. Lustig ist, dass wir offensichtlich davon ausgehen, dass es für viele Dinge keine Erlaubnis gibt. Wir nehmen das einfach an. Denn wenn man hinterfragt, wer denn die Erlaubnis verwehrt hat, gibt es keine Antwort. Dinge waren einfach schon so. Bisher hat vielleicht einfach immer jemand gesagt, dass es ab jetzt irgendwie anders sein soll. Wir haben uns also (an-)treiben lassen, waren in einer Kultur, in der vielleicht einzelne “für uns” gedacht haben. In gewisser Weise sind wir also abgestumpft, nehmen Dinge hin, richten uns ein und driften somit durch unsere Gewohnheiten.
Eine Veränderung aber beginnt mit Kommunikation. Mit Fragen, mit Hinterfragen, mit Austausch, mit dem Benennen von Schmerzen. Selbst, wenn in einer Organisation vielleicht (noch) nicht viel erlaubt ist: Eine Erlaubnis für Kommunikation gibt es immer. Nur – wer soll sie erteilen? Das hat doch noch nie jemand gemacht. Aber ist es somit automatisch nicht erlaubt?
Bleibst also nur du selbst: Gib dir selbst die Erlaubnis!
Zum Beispiel die Erlaubnis
- Dinge zu hinterfragen (“Irgendwie fühlt sich der Prozess an der einen Stelle immer komisch an. Warum ist das so?”)
- Naiv zu sein: das auszusprechen, was scheinbar offensichtlich da ist (“Ich hab mich schon immer gefragt, warum hier 15 Leute dran beteiligt sind. Das macht unsere Termine echt langsam.”)
- Schmerzen zu benennen (damit meine ich nicht Jammern: “Warum scheitern wir eigentlich immer an XY?”, “Wie können wir das nächste mal in diesem Thema eingebunden werden?”)
- Ideen auszusprechen (“Wie wäre es denn, wenn wir …?”)
Formuliere Dinge als Frage – öffne Denkhorizonte. Lade ein, dass sich Menschen Bilder ausmalen. Knall ihnen keine “das geht so nicht”-Sätze um den Kopf. Animiere zum Mitdenken, zum Träumen, Visionieren.
Und einen Schritt weiter: Du hast die Erlaubnis, Dinge auszuprobieren und zu schauen, was für dein Team und dich Zusammenarbeit verbessert. Damit beginnt der Wandel. Wer sollte es auch besser wissen als du und die Menschen in deinem Team? Keine Angst, liebe Chefs. Ich rede nicht von einem Aufruf zur Revolution mit Fackeln und Forken. Ich rede von Kommunikation und der bewussten Auseinandersetzung mit dem, was ist, mit dem, was Zusammenarbeit behindert. All die Dinge, die uns täglich demotivieren. Diese zu benennen – dazu hast du ganz explizit die Erlaubnis (und irgendwie sogar die Pflicht). Sie dann zu verändern – dazu hast du zumindest das Recht 🙂